Geschichte der Weimarer Mal- und Zeichenschule

1774 Der Weimarer Gelehrte und Unternehmer Friedrich Justin Bertuch (1747–1822) reicht der regierenden Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach den »Entwurf einer mit wenigen Kosten zu errichtenden freien Zeichenschule« ein.

Dieser enthält folgende Ziele: Die Anleitung der ortsansässigen Handwerker im Zeichnen, um ihren Geschmack zu schulen. Kostenloser Zeichenunterricht für junge Menschen beiderlei Geschlechts und aller Klassen und Stände. Die Entdeckung und Förderung von zukünftigen Künstlern.

1776 Die Gründung der »Fürstlichen freien Zeichenschule« erfolgt als eine der ersten Amtshandlungen des jungen Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach. Die Schule wird von dem Fürsten finanziert und von Johann Wolfgang von Goethe »lebhaft« gefördert. Sie ist für jedermann offen – als Mittel zur Ausbildung des Geschmacks, des Schönheitssinns und zur fortschreitenden Annäherung an die Kunst. Zum ersten Direktor wird der Maler Georg Melchior Kraus (1737–1806) berufen. Neben diesem unterrichten u. a. der Bildhauer Martin Klauer und der Maler Konrad Horny.

1779 Die erste Ausstellung von Schülerarbeiten wird am 3. September zu Ehren des Geburtstages von Carl August mit Preisverleihung durchgeführt. An diesem Brauch hält man jährlich fest.

1781 Der Unterricht wird im Roten Schloss erteilt. Goethe selbst und Frau von Stein zählen zu den ersten Schülern. »Jung und alt, Hof und Bürgerschaft, Räte, Dichter und Adel, Pagen und ihre Erzieher saßen hier nebeneinander, Eltern lernten zugleich mit ihren Kindern.« (Felix Pischel)

1781/​82 Im Winterhalbjahr hält Goethe Vorträge über Anatomie in der Zeichenschule.

1788 Als Geheimer Rat hat Goethe bis zu seinem Tode die Oberaufsicht über dieses für Weimar besonders bedeutungsvolle Bildungsinstitut.

1807 Nach dem Tod von Georg Melchior Kraus wird Goethes Freund Johann Heinrich Meyer (1760–1832) zum Direktor ernannt. Aufgrund der gestiegenen Schülerzahl wird der Unterricht in das Fürstenhaus verlegt.

1809 Die im Zusammenhang mit der Zeichenschule eingerichteten Vorbildersammlungen von Kunstwerken werden auch für Ausstellungen genutzt.

1816 Goethe setzt zur Verwirklichung seiner kunstpädagogischen Absichten seine Pläne zu einer räumlichen Neuordnung der Schule in die Tat um. Die beiden Anfängerklassen arbeiten im großen Jägerhaus in der Marienstraße unter Ferdinand Jagemann. Der Unterricht der ersten Klasse findet unter der Aufsicht von Meyer an der Esplanade statt. Alle bekannten Namen des damaligen Weimar sind in den zahlreich vorhandenen Schülerlisten vertreten, neben Goethe und seinem Enkel Wolfgang, Frau von Stein und ihrem Sohn Fritz auch die Schauspielerinnen Corona Schröter und Caroline Jagemann – später Franz Horny, Friedrich Preller, Julie von Egloffstein, Friedrich August Martersteig, Carl Hummel, Sixt Thon (alles spätere Maler), Angelica Facius (später Medailleurin), Adolph Straube (später Bildhauer) und Carl Hüttner (später Hofstuckateur).
Einige frühere Schüler arbeiten später als Lehrer an der Zeichenschule. Der Existenz dieser Schule ist es zu danken, dass so mancher Künstler nach Weimar zieht und dort ansässig wird.

1824/​25 Im Zusammenhang mit der Zeichenschule wird die Großherzogliche Kunstsammlung im Grossen Jägerhaus eingerichtet. Die Sammlung bekommt in zunehmendem Maße Museumscharakter. Die Malerin Luise Seidler wird Kustodin.

1833 Nach Goethes und Meyers Tod wird der Kunstgelehrte Ludwig von Schorn Direktor der Zeichenschule und zugleich Kustos der Großherzoglichen Kunstsammlung.

1843 Adolph Schöll übernimmt diese Funktionen. Das künstlerische Gesicht der Schule prägt Friedrich Preller (1804–78) als Lehrer für die nächsten 30 Jahre.

1860 Die »Großherzogliche Kunstschule« wird gegründet, die Freie Zeichenschule arbeitet nun unter anderem auch als deren Vorschule weiter.

1861 Der ehemalige Sekretär Goethes Christian Schuchardt wird Direktor der Schule.

1868 Nach dem Tod Schuchardts leitet Friedrich Preller die Zeichenschule.

1873 Sixt Armin Thon übernimmt »interimistisch« die Leitung der Zeichenschule.

1930 Die Freie Zeichenschule wird aufgelöst.

1972 Die Weimarer Malschule wird durch das Kabinett für Kulturarbeit der Stadt Weimar mit den Malern Horst Hausotte und Horst Jährling, der Gebrauchsgrafikerin Ilse Eulitz und den Kunstpädagogen und Malern Ilsabé Schultze-Kaim und Helmut Ohme neu gegründet. In der Folge unterrichten viele namhafte Künstler aus Weimar und Erfurt in der Malschule, einige ihrer begabtesten Schüler ergreifen künstlerische Berufe.

1991 Am 7. Dezember konstituiert sich die traditionsreiche Weimarer Mal- und Zeichenschule als gemeinnütziger Verein, der sich als Treffpunkt für kreative Menschen vom fünften Lebensjahr an bis ins Seniorenalter versteht. Die Initiatorin der Vereinsgründung und erste ehrenamtliche Geschäftsführerin wird Ilsabé Schultze-Kaim.

1996 Die Künstlerin und Pädagogin Gabriele Fecher wird hauptamtliche Schulleiterin. Gleichzeitig bezieht die Malschule ihr erstes eigenes Domizil in der Seifengasse 16. Das Gebäude war zuvor unter Einsatz öffentlicher und privater Mittel aufwendig restauriert worden.

2003 Im September 2003 erfolgt unter großer öffentlicher Beteiligung die Gründung der Bürgerstiftung Weimarer Mal- und Zeichenschule, die die langfristige Sicherung und Werbung von Zustiftern zum Ziel hat.

2005 Prinz Michael von Sachsen-Weimar und Eisenach, ein Nachfahre des Begründers Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, wird Schirmherr der Malschule.

2006 Die Kunsthistorikerin Dr. Dana Fürnberg übernimmt als neue Leiterin die Weimarer Mal- und Zeichenschule.

Das Spektrum der Angebote wird kontinuierlich erweitert. Wochenkurse und Workshops für Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden laufend ausgebaut. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf zielgruppenorientierter Ansprache.

Besonders wichtig sind die frühkindliche Förderung, die Durchführung von Schulprojekttagen, zum Beispiel die Bauhausateliertage und die Kooperation mit städtischen und überrregionalen Partnern.

Zahlreiche Projekte mit integrativem und inklusivem Charakter finden regelmäßig statt. Beispielgebend ist das Deutsch-Arabische Atelier von 2017 bis 2019.